Presseartikel

aktualisiert am 04.02.2011


Artikel vom 04.02.2011 PNP

 

Was wollten die Hippies und warum ist der Schinken rot?  

 

Gymnasiasten erklären Natur, Geschichte und Musik − Ausgewählte Semesterarbeiten einem breiten Publikum vorgestellt

 

Von Otto Donaubauer

Untergriesbach. Eine Atmosphäre wie im Hörsaal einer Uni, volle Sitzreihen mit aufmerksamen Zuhörern, wie man sie sonst nur bei hochkarätigen Symposien antrifft. Dieses Bild bot der Musiksaal am Gymnasium bei der Präsentation ausgewählter Semesterarbeiten der Klasse Q 12. Unter den Gästen waren unter anderem auch die Schüler der Q 11, die sich schon mal informieren konnten, was auf sie im nächsten Schuljahr zukommt.

Schulleiter Franz Brunner würdigte die Anstrengungen der Schüler aus der Abiturklasse. Aus verschiedenen Gebieten habe man hochwertige Arbeiten ausgewählt, die es wert seien, öffentlich gemacht zu werden. Für das Publikum schloss sich ein lehrreicher Unterricht an, bei dem es die Verfasser der Arbeiten hervorragend verstanden, die Zuhörer in oft unbekannte Räume von Naturwissenschaften, Geschichte, Medizin oder Zeitströmungen mitzunehmen.


Skoliose ist eine seitlichverdrehte Wirbelsäule


Wer wusste schon, was eine Skoliose ist? Es handelt sich dabei um eine Wachstumsdeformierung der Wirbelsäule, darüber hatte Niklas Krinninger seine Arbeit geschrieben. Als selbst Betroffener kennt er die Auswirkungen am eigenen Körper und hat sich auch ein fundiertes Wissen über die Beeinträchtigungen im täglichen Leben und die Heilungschancen zugelegt. Weil es sich bei der Krankheit um eine seitliche Verdrehung der Wirbelsäule handelt, seien Behandlungen nur durch gezielte Physiotherapie und ausgewählte Sportarten möglich. Bei schlimmen Fällen helfe nur ein Korsett oder eine schwierige Operation. Für viele Menschen bedeute die Erkrankung auch eine große psychische Belastung. Niklas Krinninger stellte in seinem Vortrag aber auch ausführlich die Funktion der gesunden Wirbelsäule vor.

Die wirtschaftlichen Veränderungen im Raum Hauzenberg durch das Gewerbegebiet Jahrdorf hatte Thomas Rauecker untersucht. Die früher angesiedelten Wirtschaftsformen wie Graphitabbau, Steinbrüche und Holzverarbeitung seien zurückgegangen. Mit der Schaffung des Industriegebiets habe sich die Struktur gewandelt, dem sich auch das Erwerbsleben der Menschen anpassen musste. Von den Rohstoffen sei die Entwicklung hin zur verarbeitenden Industrie gegangen.

Heute befänden sich führende Wirtschaftsbranchen mit einem qualifizierten Personal im Industriegebiet mit insgesamt 1500 Beschäftigten. Den Standortnachteil machten viele Betriebe mit Präzision bei den Produkten und einem geschulten Personal aus den eigenen Reihen wett. Am Beispiel der Firma Jelba machte Thomas Rauecker das deutlich. 80 Prozent der Facharbeiter seien dort aus der eigenen Belegschaft herangewachsen. „Arbeitgeber aus der Region für Arbeit in der Region“ sei das Leitbild der Unternehmer.

„Was ist drin?“, fragen sich viele Menschen an der Ladentheke besonders wieder nach den jüngsten Lebensmittelskandalen. Ein Stoff wird dabei immer wieder genannt: Nitrit. Als Pökelsalz gibt es dem Fleisch erlaubterweise die schöne rote Farbe. Aber auch im Gemüse und anderen Nahrungsmitteln ist es zu finden. Mit der fotometrischen Nitritbestimmung in Lebensmitteln hat sich Edith Kehrer auf die Suche nach diesem Stoff gemacht.

Ihre Tante ist Metzgereiverkäuferin und hat ihr gesagt, was die Kunden am  liebsten kaufen. Der Hinterschinken und die Salami und verschiedene Wurstsorten kamen ins Labor von Edith Kehrer. Sie durchleuchtete die Farbstofflösungen und wertete aus. Alle Proben waren unter dem zulässigen Wert. Trotzdem verriet sie die Metzgerei nicht. Nitrit entsteht nach den Untersuchungen der jungen Chemikerin aber auch beim unsachgemäßen Lagern von Gemüse. Also stets auf frisches Gemüse achten, so ihr Rat.


Nitrit sorgt für die schöne rote Farbe


Eigentlicherwartete man beim Thema „DES − ein typischer Vertreter moderner Chiffriertechnik“ einen recht theoretischen Vortrag über das Verschlüsseln von Nachrichten. Florian Greindl schickte gleich voraus, dass er den 90 Prozent Laien im Saal den Weg in die Tiefen der Materie ersparen wolle. „Also fangen wir bei Adam und Eva an“, sagte er und erinnerte, dass schon die alten Griechen Wege gefunden hatten, ihre Nachrichten zu verschleiern. Die Kryptografie, eine Wissenschaft zum Verschlüsseln und Entschlüsseln, habe in der neuen Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen. DES (Data Encryption Standard) habe lange als sicherstes System gegolten. Inzwischen seien aber auch diese Schlüssel geknackt worden. „Stellen sie sich ein digitales Schlachtfeld vor, auf dem ein Bote mit dem passenden Schlüssel auftaucht“, machte er den Kampf um den Zugang zu den geheimen Nachrichten anschaulich.

Die Mikrowelle ist als schneller Helfer in der Küche bekannt. Dass sich darin aber eine ausgefeilte Hochspannungstechnik verbirgt, erläuterte Paul Rüter. In vielen anderen Geräten würden die Eigenschaften dieser hohen Spannungen ebenfalls angewandt.

 

Die Wirkung der Mikrowelle beruhe auf dem Magnetfeld, das die zweipoligen Moleküle umgebe. Bis zu 2,5 Milliarden Mal je Sekunde würde das Energiefeld von Pol zu Pol springen und so die hohe Spannung erzeugen.

Im Physiksaal ließen sich Spannungen bis 25 000 Volt herstellen. Die Mikrowelle habe heute ihre größte Bedeutung in der hochmodernen Technik und werde auch in der Nachrichtentechnik eingesetzt. Mit einem Mikrowellengerät führte Paul Rüter eindrucksvolle Versuche durch.

Der Mythos Woodstock: Tobias Schlagitweit verdeutlichte ihn ganz anschaulich.

Eine Zeitreise in die Kunst- und Musikwelt der 60er Jahre durften die Zuhörer mit

ihm unternehmen. Er schilderte die Zeit nicht nur mit Musik und Bildern der

damaligen Idole, er selbst spielte die Rolle des sorglosen Hippies, der nur eine

Musik, die bunte Kleidung, das freie Leben und die großen Treffen kannte.

Woodstock, das Festival, habe eine Generation inspiriert. Mit „Blowin’ in the

wind“ ließ Tobias Bob Dylan auferstehen, dabei zogen kleine Schwaden

 von einem Räucherstäbchen auf. Auf der selbstgestalteten Gitarre zeigte er

die aufgemalten Sehnsüchte und Ziele der damaligen jungen Leute nach

Frieden, Liebe und einer heilen Welt. − Fotos: Donaubauer

Die jungen Wissenschaftler am Gymnasium: Edith Kehrer (v.l.), Florian Greindl, Tobias Schlagitweit, Thomas Rauecker, Judith Bauer, Niklas Krinninger und Paul Rüter mit Oberstudienrat Harald Täuber.

Sehnsucht nach einer heilen Welt


Umstritten und in den Köpfen vieler Menschen noch lebendig sind die Benes-Dekrete. Der einstige tschechische Präsident Eduard Benes hatte sie erlassen und damit die Vertreibung der deutschen Bevölkerung eingeleitet. Diesem Zeitgeschehen ist Judith Bauer nachgegangen. Immer wieder stünden die 143 Dekrete von Benes als Hindernis zwischen den Beziehungen beider Länder und hätten selbst bei den Verhandlungen über den EU-Beitritt Tschechiens eine Rolle gespielt.

Auf tschechischer Seite beharre man auf der Richtigkeit und habe sogar Denkmäler für Benes, den einstigen Präsidenten errichtet. Viele Verträge und Abkommen hätten aber nicht die Ereignisse aus dem Bewusstsein der betroffenen Menschen löschen können. In der sogenannten Deutsch-Tschechischen Erklärung habe Bundeskanzler Kohl das deutsche Unrecht herausgestellt und damit die Grundzüge der Dekrete akzeptiert.

Eine Zeitreise in die Kunst- und Musikwelt der 60er Jahre durften die Zuhörer mit Tobias Schlagitweit unternehmen. „Mythos Woodstock“ stand über seiner Arbeit (siehe auch Bild).

Den musikalischen Rahmen für die Veranstaltung hatten mit Beiträgen Sebastian Wallner, Tobias Schlagitweit, Klara Sommer und Rebecca Löffler gestaltet.