Presseartikel

aktualisiert am 11.10.2006


Gut gerechnet: Die Sonnenuhr geht fast sekundengenau


In einem Schüler-Lehrer Projekt am Gymnasium Untergriesbach ist eine "Vertikal-Analemma-Sonnenuhr" entstanden - Anzeige endet um 16 Uhr

 

Die Spitze des Kernschattens der in der Projektion als Ellipse 

erscheinenden Kugel zeigt minutengenau die Uhrzeit, ungefähr 

das Datum und das Sternzeichen Jungfrau. (Foto: Steinleitner)


Untergriesbach (red)

Eine „Vertikal-Analemma-Sonnenuhr“ haben Lehrer und Schüler des Gymnasiums Untergriesbach gebaut, eine Sonnenuhr, wie man sie nur äußerst selten findet. Diese Uhr, genauer der Kernschatten einer Kugel, zeigt alles zugleich an: Winterzeit, Sommerzeit, den ungefähren Tag und das Sternzeichen.


Vor- und Nachgehen der Sonne berücksichtigt


Zwangsläufig gibt es mehrere Uhrzeiten, erklärt Oberstudienrat Franz Steinleitner. "Zunächst die wahre Ortszeit mit der Sonne als ungleichmäßigem Taktgeber und die mathematisch berechnete mittlere Zeit der gleichmäßig laufenden technischen Uhren. Diese Uhrzeiten sind abhängig vom Längengrad. Denn die Erde dreht sich von West nach Ost und daher wandert ein bestimmter Tageszeitpunkt von Ost nach West.Aus Kommunikationsgründen ist die Welt in Zeitzonen aufgeteilt: Wir verwenden die Zeit des 15. östlichen Längengrads, auf dem zufällig das Städtchen Görlitz liegt, die so genannte Mitteleuropäische Zeit. Genau die zeigt unsere Armbanduhr. Wer eine Sonnenuhr bauen will, die mit der Armbanduhr oder einer Schuluhr synchron laufen soll, 

muss dieses Vor- und Nachgehen der Sonne in Untergriesbach gegen diese gleichmäßige Mitteleuropäische Zeit von Görlitz minutengenau berechnen."

Genau das wollte Franz Steinleitner mit seiner Kollegin, der Kunstlehrererin Brigitte Friedrich, und einem Dutzend zeichnerisch begabter Schülerinnnen in die Tat umsetzen. Als Kompromiss zwischen Wunschdenken, Machbarkeit und Finanzierbarkeit unter dem Zwang örtlicher Gegebenheiten bot sich eine senkrechte Ost-West Uhr mit waag-rechtem Schattenwerfer an. Der Kompromiss war gar keiner. Denn der Kernschatten einer Kugel zeigt alles zugleich an: Winterzeit, Sommerzeit, den ungefähren Tag und das Sternzeichen.
In umfangreichen Vorarbeiten wurde mehrfach mit unabhängigen Messmethoden auf Zehntelgrad die Neigung und Ost-West-Orientierung der gewählten Wand bestimmt. Das geht übrigens nicht mit Wasserwaage und Kompass. Auf Basis dieser Daten wurden die Schattenpositionen einer relativ zur Wand fixierten Kugel, dem eigentlichen Zeitanzeiger, stundenweise im Verlauf des Tages für ein Dutzend Tage im Jahr berechnet. Und zwar für die Tage, an denen die Sonne ins nächste Sternzeichen wechselt. Diese Berechnungen wurden visualisiert und per Beamer auf eine wetterfeste und verzugsfreie Platte übertragen.

Dann schlug die Stunde der Künstler. In zwei Tagen verwandelten sie die Zahlenkolonnen der Messungen und Berechnungen in ein kleines Kunstwerk. 

Bei der Herstellung und Montage des für eine präzise Funktion unabdingbaren massiven Uhrenrahmens haben die beiden Hausmeister mitgeholfen und ihn sicher befestigt. Schließlich soll die Uhr Jahre überdauern.


Schatten ist erst ab 9 Uhr zu sehen


Mittlerweile hat sich auch die Nervosität von Franz Steinleitner wieder gelegt. Doch während der Justage hat er schon sehnsüchtig mit Blick auf den langsam wandernden Kernschatten der Kugel den Stundenschlag der Untergriesbacher Kirchturmuhr erwartet. Und der kam stets auf wenige Sekunden genau.
Den Unterrichtsbeginn kann die Uhr nicht anzeigen, weil die ersten Sonnenstrahlen den Schattenwerfer das um 7,4 Grad nach Osten gedrehte Zifferblatt erst um 7.58 Uhr kitzeln und der Schatten bis 9 Uhr fast parallel zur Wand verläuft. Aus demselben Grund endet die Zeitanzeige um 16 Uhr. Aber da ist selbst im G8 kein Schüler mehr da.